Stellungnahme Volksbegehren Artenschutz
Liebe Kundinnen, liebe Kunden,
derzeit liest und hört man viel über Artenschutz und das Volksbegehren. Es freut uns als Bio-Betrieb, dass dieses Volksbegehren in Baden-Württemberg zum Ziel hat, den Artenschutz in unserem Ländle zu stärken. Allerdings gibt es, so wie das Begehren formuliert ist, zum Beispiel beim Thema Pflanzenschutz in Schutzgebieten offensichtlich Probleme auch mit der Umsetzbarkeit. Wir hoffen und arbeiten daran mit, dass die grundsätzlich richtige Zielsetzung des Volksbegehrens - mehr Artenschutz im Land - so mit Maßnahmen und Regelungen begleitet wird, dass auch die Landwirtschaft, die unsere Kulturlandschaft pflegt, mitgenommen wird.
Die Verfasser, zwei stadtnahe Imker, sind der Meinung, dass v.a. durch eine Änderung der Gesetzgebung im Bereich Landwirtschaft ein großer Beitrag zum Artenschutz zu leisten ist und dies im Land Baden-Württemberg bisher nicht ausreichend umgesetzt wird. Deshalb haben Sie ein Volksbegehren auf den Weg gebracht und Gesetzesänderungen formuliert, die nun zur Abstimmung stehen.
Die formulierten gesetzlichen Änderungen greifen stark in die praktische landwirtschaftliche Arbeit ein und schaffen ganz neue Rahmenbedingungen. Dies geschieht scheinbar ohne die Konsequenzen zu bedenken oder gar aufzuzeigen. Das Volksbegehren wird jetzt im Herbst 2019 auf den Weg gebracht, d.h. es werden Unterschriften gesammelt. Im Frühling 2020 stehen diese Gesetzesänderungen dann im Landtag zur Abstimmung. Der Landtag hat die Möglichkeit den vorliegenden Gesetzentwurf zu übernehmen oder eine Alternative zu formulieren, die dann allerdings mit einer Volksabstimmung bestätigt werden muss.
Als Bio-Obstbauer wünsche ich mir, dass die Zielrichtung dieses Volksbegehren beibehalten wird und im parlamentarischen Prozess die gravierenden Konsequenzen herausgearbeitet und Anpassungen und Maßnahmen zur Umsetzung zusammen mit allen gesellschaftlichen Gruppen erarbeitet werden.
Folgende Forderungen enthält das Volksbegehren:
- 50 Prozent Bio-Landwirtschaft in Baden-Württemberg
- Verbot von Pestiziden in Schutzgebieten
- Die Halbierung des Einsatz von Pestiziden/Pflanzenschutzmitteln bis 2025
- Unter Schutzstellung von Streuobstbäumen
Konkret heißt dies:
- Die Streuobstbestände sollen nicht weiter zurückgehen. Das halte auch ich für notwendig (immerhin habe ich einige gepflanzt und pflege verschiedene Streuobstwiesen in der Größe von 3 Fußballfeldern). Allerdings bringt eine unter Schutzstellung gar nichts, denn nur wenn, aus welchen Gründen auch immer (wirtschaftliche, hobbymäßige, ….) die Bäume gepflegt werden überleben sie, sonst gehen Sie zugrunde. D.h. es muss auch Maßnahmen geben, die die Pflege attraktiver machen.
- Verbot von Pestiziden/Pflanzenschutzmitteln: Der Bioanbau von Sonderkulturen wie Wein und Obst funktioniert auch nur mit regelmäßigen Spritzungen. Zwar werden nur Naturstoffe eingesetzt, diese sind teilweise aber auch als Pflanzenschutzmittel erfasst. D.h. viele der Kulturen die ich anbaue, wären von diesem Verbot betroffen und auf großen Flächen (in den benannten Schutzgebieten) des Landes nicht mehr anbaubar. In unserer Region sind dies z.B. verschiedene Bereiche der terrassierten Steillagen entlang der Flüsse, oder das gesamte Gebiet des Stromberg. Diese Flächen und Gegenden würden mit der derzeitigen Formulierung der Gesetzestexte aus der Bewirtschaftung mit Sonderkulturen herausfallen - auch im Bioanbau. Zwar entwickelt sich der Bioanbau weiter und durch Züchtung gibt es zunehmend attraktive Sorten, die widerstandsfähiger sind, aber viele Kulturen (Trauben, Pfirsiche,….) würde es in diesen Gebieten gar nicht mehr geben und bei den anderen Kulturen, wie z.B. Äpfel und Birnen, wäre die Qualität und die Schädlingsfreiheit in diesen Schutzgebieten nicht zu ermöglichen.
- Weiteres Wachstum des Ökologischen Landbau: Dieses Ziel unterstütze ich und lebe ich bereits seit mehr als 25 Jahren. In dieser Zeit ist der Bioanbau stetig, wenn auch langsam gewachsen. Das Marktwachstum hat mit dem Anbau Schritt gehalten. Dadurch war es möglich die notwendigen höheren Preise für die Bioprodukte zu erlösen. Wenn durch Verordnung ein schnelles Wachstum bestimmt wird, die Baden-Württemberger aber nicht bereit sind ihre Einkaufsgewohnheiten radikal umzustellen wird dies den Biomarkt stark negativ beeinflussen.
- Die Behauptung, ich zitiere: „Die Änderungen führen nicht zu zwangsläufigen finanziellen Mehrbelastungen für öffentliche oder private Haushalte“, ist eindeutig nicht richtig. Nur wenn die Baden-Württemberger deutlich mehr als bisher heimische Produkte einkaufen und für ihre Lebensmittel bereit sind ca. 50 % mehr zu bezahlen, lässt sich dieses Ziel umsetzen. Ansonsten ist es wie mit einer Balkonpflanze die schön blühen, soll aber nicht gegossen wird.
- Es ist dringend erforderlich, dass die Lehrpläne im Bereich landwirtschaftliche Ausbildung „ökologisiert“ werden. Das erlebe ich in meiner vieljährigen Tätigkeit als Ausbilder. Erstens wird den Auszubildenden nur sehr wenig über die ökologische Wirtschaftsweise vermittelt und zweitens gibt es noch immer eine abfällige Grundstimmung an den Berufsschulen, worunter AzubInnen von Biobetrieben leiden.
Bereits seit mehr als 25 Jahren betreibe ich ökologischen Landbau nach Bioland-Richtlinien und habe mich in verschiedenen Gremien dafür eingesetzt diesen Anbau weiterzuentwickeln und weitere Mitstreiter zu gewinnen. Ich setze mich in der Berufsausbildung der Obstbauern ein und bin mit wenigen Stunden Berufsschullehrer, da dies die einzige Möglichkeit ist mehr Bioobstbau in die Ausbildung zu bringen. Ich habe 2017 die Bioregion Zaber-Neckar ins Leben gerufen mit der wir den Markt für Bioprodukte weiterentwickeln und für neue Biobauern öffnen wollen.
Das Volksbegehren spricht ein sehr wichtiges, aktuelles Thema an und regt zum Nachdenken an. Jedoch sind sehr viele Forderungen nicht an der Realität der Landwirtschaft orientiert. Durch die Unterschrift des Volksbegehrens, kann es sein, dass Sie eine Landwirtschaft fordern, die so nicht existieren kann. Ich setze mich dafür ein, dass die Ansätze des Volksbegehrens in einem überarbeiteten Entwurf weiterentwickelt werden, und dann mit der notwendigen Volksabstimmung Gesetzeskraft bekommen.